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Welcome to Colombia - Bogotá


Kolumbien ist eines der Länder auf unserer Reiseroute, das auf meiner “Wish List” ganz oben stand, denn es ist in meinem Kopf nach wie vor eines der gefährlicheren Länder (wohl dieses Escobar-Bild aus meiner Kindheit), auch wenn ich natürlich weiß, dass das einfach nicht mehr stimmt. Und ich habe so viel Positives von anderen Reisenden gehört, dass ich mich sehr auf diese Erfahrung gefreut habe.

Und ich weiß nicht, ob das der Grund war, aber Kolumbien hat mich vom ersten Moment an “gehabt”. Ich hab das ja schon ein paarmal geschrieben, ich weiß nicht was es genau ist, dass man sich an einzelnen Orten wohl fühlt und an anderen nicht. Argentinien hat mich sofort gehabt, aber mit der Zeit ein wenig verloren, weil das Land halt so “ruiniert” ist. Chile hat mich am Anfang wirklich abgestoßen, aber mit der Zeit wirklich mein Herz gewonnen. La Paz ist ein Drecksloch (sorry), aber hat mich irgendwie erwischt, ich hab mich dort sehr wohl gefühlt. Peru war irgendwie solala, natürlich sehr beeindruckend mit Machu Picchu und den Nazca-Linien, aber ganz ist der Funke nicht übergesprungen. Und das ist sicher eine Mischung aus der aktuellen Stimmung, dem Quartier, den ersten Eindrücken und so weiter - aber ich mach da ja auch keinen “objektiven” Ländervergleich, sondern einen höchst subjektiven Blog. Drum schreib ich meine Eindrücke und das pickt halt für mich.

Und Kolumbien, das würde ich bis jetzt sagen, war Liebe auf den ersten Blick. Es begann damit, dass wir den Flug nach Bogotá fast verpasst hätten, weil wir Dolme uns krass verplant hatten und so erst 75 Minuten vor Abflug (!) am Flughafen Lima angekommen sind. Rein unser Fehler, Uhr- und Wegzeiten falsch berechnet. Aber es ging sich alles aus und im nachhinein war es perfekt, denn wir hatten keine leere Minute am Flughafen - aber gut, sowas stresst mich dann doch, besser nicht nochmal. Aber vielleicht geht ein Tag so los und dann passt alles.

Bogotá vom Hausberg Monserrate aus gesehen

Bogotá ist die Hauptstadt Kolumbiens, hat so um die 8 Millionen Einwohner und eine ziemliche Ausdehnung (wenn auch nicht so extrem wie Lima). Und, mein erster Aha-Moment, Bogotá liegt im Landesinneren und auf 2.600m Seehöhe - sprich nix mit heißem Lateinamerika-Feeling, sondern im Februar maximal 22 Grad und während unseres Aufenthalts jeden Tag einem klaren Muster folgend: Bewölkt am Morgen, es klart am späten Vormittag auf und die Sonne kommt raus und ab 15:00 zieht es zu, spätestens um 17:00 regnet es.

Die Geschichte Bogotás in wenigen Sätzen: “Gegründet” im 16.Jhdt von den Spaniern (auch wenn da vorher natürlich schon Menschen lebten), unabhängig zuerst 1810, von den Spaniern wieder zurückerobert und dann 1819 wirklich unabhängig. Damals die Hauptstadt von “Großkolumbien” (Ecuador, Kolumbien und Venezuela), ab 1830 dann wirklich Kolumbien, als dieses Reich in die heute bekannten Einzelstaaten zerfiel.
Einschneidend dann das Jahr 1948 als der linksgerichtete Gaitán vor der Präsidentschaftswahl, die er wohl gewonnen hätte, ermordet wurde. Grobe Ausschreitungen in Bogotá und es bildete sich der Grundstock der FARC - ursprünglich eine linke Guerillabewegung gegen die Regierung, aus heutiger Sicht wohl eher eine kriminelle terroristische Organisation.
In den 70er und 80er Jahren prägten die Drogenkartelle und Pablo Escobar die Stadt. Escobars Leben als Drogenbaron ist nicht zuletzt über die Netflix-Serie bekannt. Kurz und gut, ohne Frage ein Krimineller, der mit Drogenhandel reich wurde. Gleichzeitig auch ein gewisses soziales Engagement und sogar politische Ambitionen. Er war maßgeblich daran beteiligt, den Staat zu zersetzen, sei es durch direkte Gewalt, Anschläge oder auch Korruption. Jedenfalls war das Vorgehen gegen die Drogenkartelle nach Escobars Tod im Jahr 1993 erfolgreicher und heute ist Kolumbien ein weitgehend halbwegs sicheres Land. Momentan ist nur der Nord-Osten an der Grenze zu Venezuela extrem gefährlich (dort haben die Kartelle wieder Regionen unter Kontrolle um ungehindert Drogen schmuggeln zu können). Was soll ich sagen, natürlich ist es in den Großstädten nicht sicher in einem europäischen Verständnis, das Außenministerium sieht Kolumbien auf Stufe 3 (von 6 - wobei 1 sicher bedeutet, wie z.B. die europäischen Staaten), aber in den “besseren” Stadtvierteln hätte ich mich nie irgendwie unsicher gefühlt. Das ist ja ohnehin so wie in Europa, aber halt einfach verschärfter: Es gibt Viertel, wo man sich als Tourist einfach nicht aufhalten sollte. Nur das Ausmaß kann halt extremer werden, weil wo es in Wien bei einem Raub bleibt, kann es hier halt mehr werden.
Was mich da immer irgendwie irritiert, es wird ganz offen gesagt: Bis hier ist es sicher, aber geh nicht zwei Blöcke weiter, weil dort ist diese oder jene Gang. Das mag sich extrem anhören, aber man spürt es vor Ort nicht wirklich, man geht halt nicht dort hin, wo es nicht mehr sicher ist und in den anderen Bereichen ist es nicht so viel anders als bei uns. Ich hab mir gedacht, dass man in Kolumbien überall wie verrückt aufpassen muss, aber das ist es bei weitem nicht - man muss halt nur wählen, wo man sich gerade bewegt und in den typischen Touristengebieten hätte ich Taschendiebstahl als das Ärgste für möglich gehalten.

Zurück zu Bogotá, mich hat die Freundlichkeit hier wirklich gefesselt. Als Anekdote: Wir haben wieder eine walking tour gemacht um die Stadt kennenzulernen. Es hat leider mittendrin heftig zu regnen begonnen und wir wollten eigentlich nur heim und unter eine warme Dusche. Schlechtes Timing, das war genau der “dia sin carros” - der autolose Tag, den es zweimal im Jahr gibt. Also war kein Taxi/UBER zu bekommen und wir mussten mit Öffis nach Hause - Bogotá ist riesig und der Weg dauert mit dem Taxi mehr als 30 Minuten. Also haben wir gelernt mit öffentlichen Bussen in Bogotá zu fahren und das war schon ein positives Erlebnis: Wirklich jedes Mal, wenn wir nur irgendwo gestanden und verloren geschaut haben (das Bussystem hier ist völlig irre), sprach uns jemand an um uns zu helfen. Und da prallen dann Bilder aufeinander, denn in Österreich hat mir jeder gebürtige Südamerikaner gesagt: Sei vorsichtig, trau niemandem. Und dann ist man hier und der im Gesicht Tätowierte hilft dir mit der Chipkarte um durch das Eingangs-Drehkreuz zu kommen und mehrmals helfen dir Einheimische, die richtige Plattform für den Bus zu finden. So wie ich es nur aus Asien kannte, man schaut nur aufs Handy und schon kommt jemand - aber nicht um dir das Handy zu stehlen, sondern um dir zu helfen. Dickes Bussi liebe Bogotanos!

Also walking tour. Das typische Touristenviertel hier ist La Candelaria (auf deutsch “Maria Lichtmess”). Es ist mehr oder weniger das Zentrum dieser riesigen Stadt, die hier gegründet wurde. Es gibt es hier zahlreiche Museen (z.B. das Gold-Museum oder das Botero Museum - für mich ein südamerikanischer Deix, der Menschen als eher nicht so attraktiv dargestellt hat) und so etwas wie eine Altstadt, in der man das historische Erbe dieser Stadt sehen kann.

Die walking Tour wurde also vom Regen beeinträchtigt, aber genau im selben Stadtviertel haben wir auch eine Food Tour gemacht um die Spezialitäten Kolumbiens kennenzulernen. Vieles ist ähnlich wie in den Nachbarländern (z.B. Chicha, ein Getränk aus Mais, dessen Bedeutung hier schon religiöse Ausmaße annimmt), manches einzigartig. Vieles ist wirklich sensationell gut und manches lässt Einen fragend zurück.

Chicha: Kam uns erstmals in Peru unter und ist ein Getränk aus Mais. Mais kommt ja aus Südamerika und wenn es bei uns für Laien wie mich genau eine Sorte gibt, dann ist das hier wirklich wichtig, wie viele Sorten Mais es gibt. In Peru gibt es einen violetten Mais, aus dem durch Reiben, Stampfen und Kochen ein dunkles Getränk namens “Chicha Morada” wird. Schmeckt sehr gut, fruchtig irgendwie. Hier in Kolumbien wird dieses Gemisch noch fermentiert und dann mit unterschiedlichen Geschmäckern (Maracuja, …) versetzt. Riecht etwas seltsam (teilweise z.B. etwas nach Essig), aber schmeckt nicht schlecht. Ist hier sehr wichtig, da es das Getränk der Indigenen war, wurde verboten (“Trinkt Bier!”) und hat daher mehr Bedeutung als es rein das Getränk an sich rechtfertigen würde. Zahlreiche Händler verkaufen diesen Chicha hier auf der Straße.

Früchte: Unmöglich das alles wieder zu geben, aber selbst in normalen Supermärkten gibt es drei bis vier Sorten Maracuja, dazu zahlreiche Früchte, von denen ich noch nie gehört habe (z.B. die Baumtomate - wobei der Name so ziemlich alles sagt, was es dazu zu sagen gibt). Dazu Früchte wie Guave, gelbe Pithayas usw. - Dinge, die man bei uns bestenfalls aus dem “Happy Day Packerl” kennt.

Lechona: Schwer zu beschreiben, sowas wie ein Schweinsbraten mit Hülsenfrüchten. Aber kurz und gut: Wenn man Schweinbraten mag, dann liebt man das. Eine super knusprige Kruste, gefüllt mit Zwiebel, Hülsenfrüchten und Gewürzen, dazu Süßkartoffel und sowas wie ein kleiner Pudding/Kuchen. Um mit Deichkind zu sprechen: Leider geil. Das war wirklich geil. Mjam. Vom Taste Atlas zum besten Gericht des Jahres 2024 gewählt.

Buñuelos: Hmmm, wie soll man das beschreiben, das sind irgendwie Krapfen aus Maismehl. Gefüllt mir Käse (den man nicht schmeckt, weil Käse in Südamerika einfach nach gar nix schmeckt) und - wenn man will - mit Schokolade, Dulce de leche, Marmelade. Ja, einfach ein Krapfen. Außerdem bekannt sind Arepas, Maisfladen, aber nicht süß - oder sag ma nicht so süß.

Ajiaco: Eine Spezialität in Bogotá - mehr oder weniger eine Hühnersuppe mit Mais und Kartoffeln, die man mit Reis und Avocado isst.

Aromatico oder Canelazo: Da sind wir Österreicher daheim. Sowas wie ein Tee mit Früchten (Aromatico), dem man Rum zufügt (dann: Canelazo). Schon sehr geil, muss ich sagen. Unser Rumtee auf der Schihütte hat noch nie eine Frucht gesehen, da schwimmen die Früchte fröhlich herum. Mjam.

Capybara: Tja, eine Art von Meerschweinchen, schaut sehr süß aus und schmeckt recht gut. Wie immer bei Fleisch, entweder schmeckts nach Huhn oder nach Rind, das Capybara ist irgendwo dazwischen, aber auch hier: Wenn man Fleisch isst, dann schmeckt das Viecherl. Das ausgestopfte Teil ist nur ein Schauobjekt und hat mit unseren Filets nicht unmittelbar zu tun.

Kakao mit Käse: Irgendwie “Top of the worst”. Auch wenn wir schon viele Tiere und auch Spezialitäten wie Innereien hatten, das war für mich eigentlich fast das Ekligste. Wie soll ich das erklären, der Name sagt alles. Man bekommt einen Kakao (sie sagen sagen Schokolade - aber ja, das ist einfach ein Kakao) und tunkt einen fettigen, aber sehr geschmacklosen Käse ein, bis dieser geschmolzen ist.
Ja, kann man machen und ich sag gar nicht, dass das grauslich schmeckt. Der Kakao ist mit dem geschmolzenen, geschmacklosen Käse einfach ein fettiger Kakao. Kann man machen. Aber: WARUM? Muss ich so gar nicht haben…

Abgesehen von der Kulinarik ist DIE Topattraktion in Bogotá aber der Hausberg, der Monserrate. 3.152m hoch und mit einer Standseilbahn (ich sag ja “Schloßbergbahn”) oder einer Gondel zu bezwingen, wenn man nicht gehen will. Nach oben haben wir die Standseilbahn genommen, die im letzten Teil durch einen Tunnel geht. Oben gibt es neben einer Gastromeile mit mehreren Restaurants eine Basilika - aber ganz ehrlich, der Ausblick schlägt hier alles. Wir hatten das Glück bei Sonnenschein hier oben zu sein und es war einer der Momente, wo ich vor Glück juchzen hätte können…


Zur Erklärung: Wir hatten es die Tage nicht geschafft, auf den Berg zu kommen. Entweder war die Schlange zu lang bei der Seilbahn oder das Wetter zu schlecht - irgendwas kam ständig in den Weg. Also am Abreisetag früh aufgestanden, sich durch die Menschenmassen gewühlt und es dann aber geschafft - Steffi hat gestreikt, also war ich mit Eva unterwegs. Eva, unsere Reisebegleitung für drei Wochen. Eine Freundin von Steffi und cool genug, sich drei Wochen uns anzuschließen auf unserer Reise. Jeder Mitreisende ist willkommen - just let us know. ;)

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Lima - gar nicht sooo hässlich, aber schon seeehr anstrengend

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Medellin - vom gefährlichsten Platz Südamerikas zum Geheimtipp