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Regenwahrscheinlichkeit gleich Null - Die Atacama-Wüste - Teil 1


Nach unserer Rückkehr von Rapa Nui stand mal Wäsche waschen am Programm (ich Experte hab ein AirBnB ausgesucht, das zwar eine Waschmaschine, dafür aber kein Wlan hatte - ein grandioser Fehltritt) und eigentlich auch schon wieder die Vorbereitung auf den nächsten Flug - nach Calama im Norden Chiles, dem Zielflughafen für Aufenthalte in der Atacama-Wüste.

 

Mal kurz ein Zwischenthema: Mobilität in Südamerika. Ich war da mal wieder naiv, hatte das Bild von Südostasien vor Augen, man nimmt den Nachtbus und ist am nächsten Morgen in einem anderen Land - zwar vielleicht gerädert, aber trotzdem irgendwie einfach und billig. Das wurde mir auch so von Kolumbien und Peru erzählt und bei unserem letzten Urlaub in Yucatan/Mexiko hat das so ganz locker funktioniert. Was ich Spezialist aber nicht bedacht habe: Argentinien und Chile sind groß, verdammt groß. Argentinien ist riesig, mehr als 30x so groß wie Österreich. Und Chile ist zwar flächenmäßig nicht so groß, aber lang. 4.200km lang - zum Vergleich: Österreich von Vorarlberg ins Burgenland misst 575km. Also praktisch 7x vom Osten quer durch Österreich in den Westen. Oder wenn man Europa nimmt: Die Strecke vom Nordkap nach Portugal. Damit werden Busse extrem mühsam, da die Strecken einfach zu lange sind und ab 18h streike ich. Noch dazu sind die Busse hier auch nicht so billig, lange Strecken (>8h) kosten auch gleich mal € 50,-. Daher fliegen wir viel, was preislich gerade so ok ist (ein Flug mit 2-3 Stunden Dauer kostet um die € 150,- pp), aber was soll man machen. Dazu kommen dann noch die Abflugzeiten, ich hab noch nie Inlandsflüge irgendwo gesehen mit einem Abflug um 04:30 - willkommen in Chile.

Der Flug nach Calama ging zum Glück “erst” um 06:38 (kein Vertipper, das sind die LATAM-Flugzeiten - minutengenau), aber Wecker um 04:00, mit dem UBER zum Flughafen usw. - kennt man ja. Alles klappt - und nach einer Stunde Rundfahrt am Flughafen dockt der Flieger wieder am Gate an: Eine Bremse ist defekt. Zum Glück ließ sich alles beheben, aber zwei Stunden Verspätung bei einem Morgenflug strapazieren meine gute Laune.

In Calama angekommen dann die ausgleichende Gerechtigkeit: Keine Schlange am Mietwagenschalter und - sowas hatte ich noch nie - ein nagelneues Auto mit gerade mal 25km am Tacho. Zwar nur ein Mini-Suzuki, aber egal - hurra.

Die Fahrt von Calama nach San Pedro de Atacama führt schon durch die Atacama-Wüste. Und sowohl Calama als auch die Atacama-Wüste sind schon beeindruckend: In Calama regnet es praktisch nie (Aufzeichnungen zeigen eine Regenlosigkeit von 400 Jahren) und auch die Atacama-Wüste ist die trockenste Wüste der Welt. Auf der einen Seite (im Osten - Argentinien bzw. Bolivien) schirmen die Anden alles ab, dass keine Regenwolken drüber kommen. Auf der anderen Seite sorgen kalte Meeresströme dafür, dass sich keine Wolken bilden und damit bleibt diese Region praktisch regenfrei. Alle paar Jahre gibt es mal heftigen Regen (hängt mit dem Wetterphänomen El Niño zusammen), aber dazwischen praktisch nichts.

Zurück zu unserer Fahrt, Ziel ist San Pedro de Atacama, eine Oase inmitten dieser Wüste. Es gibt hier erstaunlicherweise Grundwasser und das namensgebende Flüsschen “San Pedro”, daher wirkt dies wie ein grüner Fleck in der Wüste. Der Ort selbst erscheint wie ein kleines touristisches Aussteiger-Dörfchen, aber nicht überlaufen - es erinnert uns an entspannte Orte wie z.B. Chang Mai in Thailand - natürlich alles sehr subjektiv. Wir haben also sofort umgeplant und den Aufenthalt von 4 auf 6 Nächte verlängert.

Allein in einer Wüstenregion zu sein, finde ich sehr spannend. Ich kenne das ja alles aus der Theorie, aber mitzuerleben, dass die Tage doch recht heiß sind (es geht meistens Richtung 30°C), während es in der Nacht stark abkühlt (auf etwa 10°C), ist faszinierend. Davon abgesehen gibt es in der Wüste weitgehend nichts - einfach nichts. Die Region ist belebt, weil Kupfer und andere Edelmetalle abgebaut werden und in einigen Bereichen ein sehr wichtiges Edelmetall vorkommt: Lithium. Das kommt zusammen mit dem Salz an die Oberfläche, das Salz wird ausgewaschen und das Lithium bleibt über - daher gilt die Lithiumgewinnung als so schädlich, weil in einer trockenen Region massig Wasser gebraucht wird. Also das ist mein bescheidenes Verständnis der Zusammenhänge. Chile ist der zweitgrößte Lithiumproduzent der Welt nach Australien.

Touristisch gibt es viele beeindruckende Stein- und Landschaftsformationen, Bereiche, wo das Salz klar sichtbar an der Oberfläche kristallisiert samt Lagunen, in denen man sogar teilweise baden kann und die Bergwelt mit unzähligen Vulkanen und auch einer großen Geysir-Formation. In dieser Region sind auch viele Sternwarten angesiedelt, weil der Himmel aufgrund der Trockenheit üblicherweise sehr klar ist.

Der erste Trip führte uns mitten in die Wüste zur Laguna Baltinache. Dort haben sich “semi-dulce” Wasserbecken (also Süßwasser, das aber rundherum Salz hat und damit “halb-salzig” bzw. “halb-süß” ist) gebildet - früher konnte man drinnen auch schwimmen, das ist inzwischen nicht mehr erlaubt. Faszinierend ist hier, dass sich mitten in einer Salz-Wüste Wasserbecken gebildet haben und das Salz an der Oberfläche kristallisiert. Der Weg ist beschwerlich (weil schlechte Straßenbedingungen), aber nachdem es nicht einmal 50km von San Pedro entfernt ist, ist es den kleinen Aufwand absolut wert.

Rundweg um die Laguna Baltinache

Der zweite Trip ging in die Bergwelt zu den Geysiren El Tatio auf 4.200m Seehöhe. Das ist die drittgrößte Geysir-Plattform der Welt (nach Island und dem Yellowstone Nationalpark in den USA), die größte der Südhalbkugel und auch die höchstgelegende Geysir-Plattform der Welt. Man muss beim Reisen ja immer die Superlative im Kopf haben. Kurz und gut, höchst aktive Geysire mitten in den Anden.

Es dampft und brodelt wohin man auch schaut - El Tatio

Auch da ist der Weg nicht das große Problem (ein paar Streckenabschnitte sind katastrophal schlecht, aber in Summe kann man die knapp 80km in eineinhalb bis zwei Stunden Fahrt bewältigen), aber man sieht den Dampf der Geysire logischerweise dann besonders gut, wenn die Umgebungstemperatur niedrig ist - also früh morgens. Daher saßen wir um 6:00 schon im Auto und fuhren bei Sonnenaufgang in die Berge. Beeindruckend war das Temperaturgefälle: In San Pedro hatte es um die 10°C und mit jedem Höhenmeter wurde es kälter - als wir bei El Tatio um knapp vor 8:00 ankamen, hatte es -8°C. Kalt genug für ein einmaliges Schauspiel, bei einigen Geysiren spuckte das heiße Wasser (~85°C) nur so heraus, überall gurgelte es und der Dampf bildete einen unglaublichen Anblick. Um 9:00 gingen die Aktivitäten spürbar zurück und nur mehr die größten Geysire waren noch zu sehen - es hatte sich gelohnt, so früh aufzustehen und wer Steffi kennt, der weiß welcher Kraftakt das bei ihr ist - ich sag jetzt nicht für wen es ein Kraftakt war. :)

Morgens war unser Ziel einfach nur schnell zu den Geysiren zu kommen - Zeit ist Dampf. Ein sagenhafter Wortwitz. Am Heimweg konnten wir auch die Gegend ein wenig mehr genießen, das Panorama ist in dieser Gegend sagenhaft.


Auf dem Weg liegt auch das kleine Andendorf Machuca, das ich wenig interessant fand. Allerdings hat man von dort einen herrlichen Blick auf den Vulkan Putana mit seinen knapp 6.000m Höhe und es gibt die “Laguna Flamingos” - ich glaube da sagt der Name schon alles. Und das alles auf 4.000m Seehöhe. Chile ist übrigens ein Land der Vulkane - ganze 90 sollen heute noch aktiv sein. Und leider ist Chile dadurch auch eine extreme Erdbebenregion - das letzte große Erdbeben war erst 2015 vor Santiago de Chile.

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Radeln in der Wüste & der höchste Berg unseres Lebens - Atacama-Wüste - Teil 2