Wir waren nur drei Tage in Ushuaia, aber bei der Planung des gesamten Abstechers in den Süden hatten wir eine große Herausforderung: Die Zeit um Weihnachten und Neujahr. Viele Südamerikaner reisen da auch und die Flugpreise waren schon recht hoch. Um dann eben noch zu halbwegs vernünftigen Preisen reisen zu können, landeten wir bei den Randterminen – vom grandiosen Flugtermin nach Punta Arenas habe ich ja schon berichtet. Hier war es nicht viel anders, denn wir wollten unbedingt noch nach El Calafate in Patagonien – wenn man von Rundreisen in Argentinien liest, ist das fast immer ein Fixpunkt.
Also hatten wir hier auch einen eher ausgefallenen Flugtermin: Am 31.12. ging es am Vormittag von Ushaia nach El Calafate. Und der Einkauf war schon fix eingeplant, denn der 01.01. ist ähnlich wie der 25.12. ein Tag, an dem sich nicht viel öffentliches Leben abspielt und die Supermärkte alle geschlossen sind. Und nochmal hungern ging nicht.
Besser geplant, aber trotzdem war es für uns in El Calafate recht fordernd. Ich hätte es so erwartet wie Ushuaia, aber eigentlich noch besser, denn überall habe ich gelesen von großartigen Trekkings, Gletschern, Bergen und Natur. Wo auf der chilenischen Seite der bekannte Torres del Paine Nationalpark ist, ist hier der „Parque Los Glaciares“, der mit beeindruckenden Bildern nicht geizt. Und das stimmt auch alles, nur leider ist El Calafate eher die beliebte „Absprungbasis“ in die Berge aufgrund des internationalen Flughafens und hat selber wenig zu bieten. Von dort gehen die Touren weg, was ja auch noch ganz reizvoll klang. Und so planten wir fünf Tage in diesem Ort am Lago Argentino, dem größten See Argentiniens. Das war es dann aber schon mit den Superlativen, er gehört zu den tiefsten Seen der Welt (500m tief), aber das wirklich beeindruckende ist seine Farbe: Ein sattes Türkis, das von den Segmentablagerungen der Gletscher kommt. Und als Gletschersee ist er recht kalt mit 2-5°C.
Zurück zu El Calafate, die kleine Hauptstraße im Zentrum mit den Lokalen ist ganz nett, hat mich sehr an kanadische Orte in den Nationalparks (Jasper oder Banff) erinnert, aber es bleibt ein kleiner und wenig spannender Ort. Was sich El Calafate mit den kanadischen Orten aber sicher teilt: Die Preislage! Es ist ein verdammt teurer Ort. Und wir haben uns erst ein paar Wochen vorher zu diesem Zeitplan entschieden und hatten daher keinen Mietwagen, da die Preise absolut verrückt waren, unter € 300,- pro Tag (!) war nichts zu bekommen.
Wir wollten uns alles vor Ort organisieren und wenn wir kein Auto bekommen, dann machen wir halt organisierte Touren. Fantastisch geplant von uns – auch die Touren sind unverschämt teuer. Dazu waren wir mit unserem Quartier nicht ganz glücklich: Zu abgelegen, noch dazu auf einem kleinen Hügel, was es ohne Auto nicht einfach machte, und obwohl wir ein kleines Haus für uns hatten, war das wirklich unglaublich verplant: Eine winzige Küche, ein winziges Bad, ein Fernseher im Vorzimmer (ehrlich, so etwas habe ich noch nie vorher gesehen) und ein winziges, dunkles Schlafzimmer – irgendwie hat da so gar nichts wirklich gepasst. Alles irgendwie verhunzt.
[Einschub Steffi: Die Badezimmer-Situation hat sind dann noch verschärft, als langsam alles zu kreuchen und fleuchen begann - Bei jedem Badezimmerbesuch stellte sich heraus, dass die dort wohnhaften Spinnen nicht nur konstant mehr, sondern auch immer größer wurden. Zahlmäßig waren wir ihnen schon nach dem zweiten Tag unterlegen und die Anzahl der Spinnen schien sich dennoch täglich zu verdoppeln🫤]
Kurz und gut, wir haben zwar nicht Hunger gelitten (das mit dem Einkaufen am 31.12. hat geklappt), aber sonst waren die ersten zwei, drei Tage zum Vergessen. Natürlich sind das irgendwie Luxusprobleme, denn es hat uns ja nicht wirklich etwas gefehlt, aber nach knapp zwei Monaten auf Reisen ist man schon etwas angespannter, angestrengter als zu Beginn und wir hatten uns da auf entspannte Tage in den Bergen gefreut.
Wir taten uns auch schwer, welche Exkursionen wir machen wollten. Manches schied aus preislichen Gründen schon von vornherein aus (Tages-Trekkings, wo man eine Stunde auf dem Gletscher wandert, kosten gleich mal € 1.500,- pro Person) und selbst die „Massentouren“ sind alles andere als billig. Allein für den 50 minütigen Transport zum Hafen im Nationalpark, wo die Bootstouren starten, werden gleich mal € 80,- pro Person verlangt, die einstündige Bootsfahrt dann nochmal € 60,-, wenn man etwas essen will, dann gibt es nur fixe Menüs ab € 35,-, der notwendige Eintritt in den Nationalpark kostet pro Tag und Person € 45,-. Wir haben uns da ein wenig „ausgenommen“ gefühlt, da geht ein kleiner Ausflug, der eigentlich nur einen Halbtag ausfüllt, zu zweit gleich mal Richtung € 500,-.
Und da kommen dann halt unsere Persönlichkeiten durch, wir geben gerne Geld für etwas Besonderes aus, aber das sind wirklich die „Standardtouren“, die in jedem Shop im Ort angeboten werden. Dachten wir halt, man kann das ja schwer einschätzen… Also mal zwei Tage eher unglücklich, im Ort kann man nix machen, das Quartier ist mau, alles ist teuer und wir sind auch nicht wirklich mobil.
Nachdem wir dann erst für den letzten Tag doch noch ein Mietauto bekommen haben (€ 135,- für einen kleinen Toyota – im Norden Argentiniens haben wir das für 4 Tage bezahlt), haben wir uns dann auch zu einer teuren Tour durchgerungen: „Todo Glaciares“, zu zweit im Gesamtpaket um rund € 500,- (wobei wir den teuren Lunch durch selbst gemachte Sandwiches ersetzt haben – wir müssen bei diesem Abenteuer sehr wohl ein wenig das Budget im Auge haben). Die Entscheidung war alles andere als einfach, denn die Reviews auf Tripadvisor waren durchwachsen, viel zu teuer, wenig Leistung für viel Geld und ähnliches war zu lesen. Aber uns fiel die Decke im kleinen Haus auf den Kopf.
Und Gott sei Dank haben wir diese Tour gemacht: Es war grandios. Ich denke wir haben da alles im Positiven wieder zurückbekommen, was in den Tagen davor (auch durch unsere eigene Schuld) nicht gut gelaufen ist. Also weg vom Gejammer, es hat alles gepasst, wir hatten Traumwetter und waren nach diesem Tag wieder mit positiver Energie geflutet, weil die Eindrücke so genial waren.
Das argentinisch-chilenische Eisfeld ist das drittgrößte Eisfeld der Welt nach der Antarktis und Grönland. Die zahlreichen Gletscher speisen in dieser Gegend den Lago Argentino - weshalb er als Gletschersee eben auch so kalt ist. Keine 50km entfernt von El Calafate kann man ab Puerto Bandera auf dem Lago Argentino mehrere Gletscher per Katamaran anfahren. Den bekanntesten Gletscher, den Perito Moreno hatten wir für den letzten Tag geplant (eben mit dem eigenen Auto), bei der 7-stündigen Katamaran Tour konnten wir neben zahlreichen Eisbergen, die im eiskalten Wasser des Sees treiben, die beiden größten Gletscher Spegazzini und Upsala bestauen – und das bei sensationellem Prachtwetter. Das Unglaubliche ist ja, dass diese Gletscher vergleichsweise nieder gelegen sind. Der Lago Argentino, in den die Gletscher kalben, liegt auf gerade einmal 178m Seehöhe. Und das Erstaunliche: Diese Gletscher sind stabil bzw. wachsen momentan sogar. Wir hatten am späten Nachmittag an die 20°C, man konnte am Katamaran recht dünn gekleidet stehen und neben sich die Gletscher – unfassbare Eindrücke.
Links der Spegazzini Gletscher
Beim Spegazzini Gletscher hat die Eisfläche eine maximale Höhe von 135m, die sich in den Lago Argentino schiebt und er ist damit der höchste Gletscher der Welt. Also nicht “höchstgelegen”, denn wir reden da von weniger als 200m Seehöhe, sondern von der “Stärke” der Eisfläche. Die Mittagspause im Spegazzini Shelter (Schutzhütte wäre da falsch, eher ein Restaurant beim Gletscher) war unglaublich – wir hatten ja auf das Menü verzichtet und konnten im Freien in der Sonne sitzend unsere Sandwiches genießen mit Blick auf den Spegazzini Gletscher. Es waren unbeschreibliche Momente - ich hätte mir als Österreicher ja gedacht, dass das halt ein Gletscher ist. Kennt man, was ist das so aufregend? Aber die Größe ist einfach unfassbar, der Spegazzini Gletscher hat eine Größe von 134km² - die Pasterze am Großglockner misst 17km². Ich würde gerne erklären, wie es sein kann, dass es auf dieser Seehöhe solche Gletscher gibt, aber ich habe keine soliden Infos gefunden. Einerseits scheinen die Niederschläge recht hoch zu sein und andererseits sollen die Winde dafür sorgen, dass es kalt genug ist. Die Bergspitzen, die man im Panorama sieht, sind kaum über 2.000m hoch - aber die Gletscher sind massiv.








Danach ging es zum Upsala Gletscher, der tatsächlich nach der finnischen Stadt benannt ist, deren Universität seine Erforschung finanziert hat. Er ist riesig, unglaublich riesig: Er misst 870km² (ich wiederhole mich, aber die Pasterze misst 17km²) und zahlreiche Abbrüche treiben als Eisberge im Lago Argentino.




Unsere Energie war zurückgekehrt und so freuten wir uns am letzten Tag auf unseren Trip zum Perito Moreno Gletscher. Nachdem wir die Bootsfahrt schon gemacht hatten, ersparten wir uns hier die (kleinere) Bootsfahrt und wanderten über die Pasarellas, angelegte Wanderstege durch den Wald in die Bucht, wo man von unterschiedlichen Höhen aus den Gletscher betrachten konnte. Auch hier macht uns die Größe und die Ausdehnung des Gletschers sprachlos – der Perito Moreno misst 250m², stellt aber in Kombination mit seiner Höhe das drittgrößte Süßwasserreservoir der Welt dar. Er ist einer der wenigen Gletscher, der wächst und bewegt sich mit unglaublichen 2m pro Tag (!). Dadurch sperrt er immer wieder den Lago Argentino ab, wodurch sich das Wasser dann aufstaut, ihn dann unterspült und Brücken bildet, die dann spektakulär einstürzen bis sich alles wieder von vorne ereignet. Beeindruckend war vor allem auch, dass es an diesem Tag zwar ein wenig bewölkt, aber dennoch sehr warm war und es zahlreiche Abbrüche vom Gletscher in den See gab. Das Knacken des abbrechenden Eises werden wir noch lange in den Ohren haben.








Damit ging unser Stopp in Patagonien doch noch wirklich positiv zu Ende – auch wenn wir ganz glücklich sind, nun Argentinien wirklich hinter uns zu lassen. Es war fantastisch (v.a. der Norden), aber seit Weihnachten war es doch ein wenig mühsamer für uns und neue Eindrücke tun uns sicher gut.
Weiter geht es über Santiago (ich glaube inzwischen zum fünften Mal auf unserer Reise), von wo wir ans Meer nach Valparaiso für ein paar Tage reisen. Danach geht es wieder zurück nach Santiago und dann lassen wir auch Chile hinter uns und fliegen nach Bolivien, in die höchst gelegene (Verwaltungs)Hauptstadt der Welt, La Paz.