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Oh wie schön ist Panamá


Wir hatten ursprünglich einen längeren Aufenthalt auf Puerto Rico geplant gehabt, entweder vor oder nach der Kreuzfahrt, aber nach viereinhalb Monaten in Südamerika haben uns die US-Preise doch recht schockiert. Zusätzlich dann auch die aktuelle weltpolitische Lage mit dem verrückten orangenen Männchen dort, die nicht unbedingt eine Reiselust in die USA bei uns auslöst. Wobei das für mich schwierig einzuordnen ist, denn ich war ja lange Jahre bei einem US-Konzern beschäftigt, habe viel mit Amerikanern zu tun gehabt und weiß viele Aspekte dieser Kultur wirklich zu schätzen – auch wenn ich andere Aspekte aus tiefstem Herzen ablehne.

Und das war ja schon bei der Kreuzfahrt interessant, denn gefühlt 95% der Gäste waren US-Amerikaner – mit allen Vor- und Nachteilen. Wir haben aber sehr nette Mitreisende getroffen, die halt nicht dem Stereotyp entsprochen haben. Aber um es kurz zu machen, ich hab versucht es nicht jedem persönlich anzulasten, was in seinem Land abgeht, aber es zieht mich momentan nicht ganz so stark in die USA. Was ja noch schwierig werden könnte, da wir einen Wohnmobiltrip in den USA so ganz leicht im Hinterkopf haben und wenn sich da die Gelegenheit böte, dann wüsste ich wirklich nicht, wie ich mich entscheiden würde. Lassen wir es mal auf uns zukommen. Steffi hatte zumindest Spaß jedem eine Übersiedlung nach Österreich nahezulegen - was tatsächlich auf Interesse gestoßen ist, denn Menschen, die reisen, sind wohl nicht die Hardcore-Wählerschaft von Trump. Und nicht nur einmal haben wir gehört “I didn´t vote for him!”. Schwierig, schwierig.

Aber für uns war es klar, eher schnell weg und so hatten wir den Flug nach Panamá City, unserer nächsten Station, gleich für den Tag der Rückkehr nach San Juan geplant. Hat auch alles fein geklappt und dann waren wir in Panama – einem Land, mit dem ich so gar nichts anfangen konnte vorab. Und wo wir sogar diskutiert haben, ob wir es nicht auslassen sollten, denn wir haben ein wenig zu viel Zeit schon „verplempert“ und das Wetter wird hier nicht besser.

 

Spätestens mit Ende Mai wollen wir aus der Region weg sein, da dann die Hurricanes kommen und alles brauchen wir auch nicht. Und die Stimmen, die wir vorher hörten, sprachen von einer großen Ähnlichkeit mit Costa Rica – nur dass Costa Rica schöner wäre. Aber dann kam unsere typische Entscheidung: Wenn wir schon hier sind, dann schau ma uns dieses Land auch an, wer weiß ob wir nochmal hierher kommen. Und wenn wir es uns anschauen, dann wirklich quer durch. Ich war skeptisch, denn meine Bilder waren:

„Panamá ist die Schweiz Lateinamerikas“ – ok, also gepflegt, teuer und a bissal langweilig.

„Oh wie schön ist Panamá!“ – Janosch, Tigerente, was weiß ich was das mit Panamá wirklich zu tun hat.

(Hier als Bildungsauftrag, wie es zum bekannten “Oh wie schön ist Panamá!” kam. Ich kannte nur den Ausspruch, nicht aber den Inhalt des Buches.
“Oh wie schön ist Panamá!” ist ein Kinderbuch von Janosch aus dem Jahr 1978. Darin geht es um die zwei Freunde Kleiner Tiger und Kleiner Bär, die eines Tages eine Kiste mit der Aufschrift Panamá finden, die wunderbar nach Bananen riecht. Drum beschließen sie in dieses Land zu reisen, werden aber auf dem Weg oft in die falsche Richtung geschickt, da niemand weiß wo Panamá ist. So wandern sie im Kreis und kommen schließlich wieder zu Hause an, wo sie ihr inzwischen verwittertes Haus nicht mehr erkennen und aufgrund eines verwitterten Wegweisers mit der Aufschrift “Panamá” meinen, dass sie in Panamá seien. Sie reparieren ihr altes Haus und leben glücklich in - wie sie meinen - Panamá.
Das muss ein hervorragendes Kinderbuch sein und meine Nichte darf sich jetzt schon drauf freuen…)

Blick von unserer AirBnB-Dachterrasse

Also waren wir in Panamá. Und zwar wirklich in Panamá. Schlussendlich war es wieder einmal ein enormer Vorteil, in ein Land mit so niedrigen Erwartungen zu reisen, denn bei Panamá City war es ein absoluter Wow-Effekt. Das Finanzzentrum voll mit Wolkenkratzern, alles sehr geordnet und schön. War einmal ein guter erster Eindruck – fast schon eine gepflegte Version der USA. Unser Quartier war in der Nähe der Altstadt, die unglaublich pittoresk ist. Hat uns sehr an jene von Cartagena in Kolumbien erinnert, aber deutlich weniger überlaufen, kompakter, weniger künstlich. Wobei es natürlich schon einen gewissen Hallstatt-Effekt gibt, das ist natürlich keine Gegend, wo noch das echte Panamá-Leben zu sehen ist, aber es hat schon noch einen gewissen Charme.

Und das Spannende ist, dass wir genau eine Straße außerhalb dieser Altstadt wohnen und dort die Atmosphäre eine ganz andere ist: Dreckiger, ärmer, aber mehr Leben. Wir haben das bei unserer (inzwischen schon traditionellen) Stadttour auch gehört, bei unserem Block verlief früher die Grenze zwischen dem Wohngebiet der Oberschicht (eben die heutige Altstadt) und jenem der Sklaven und einfachen Bürger, die eben außerhalb der inneren Mauern der Stadt wohnten. Dieser Kontrast ist heute einfach unglaublich, bei uns spielten die Kinder auf der Straße, man sieht in die einfachen Wohnungen, Obdachlose, verfallene Gebäude, billige Bars. Nichts wo man Angst bekommt, aber man spürt, dass es keine reiche Gegend ist. Übrigens hatten wir noch in keinem Land in Südamerika so eine Polizeipräsenz wie hier in Panamá – an jeder zweiten Ecke stehen Polizisten.

Einen Block weiter beginnt die Altstadt und man hat schöne Restaurants, renovierte Hotels, Museen. Unser Guide war da auch wieder sehr kritisch, was diese Gentrifizierung angeht, weil Wohnraum für Einheimische zu teuer wird usw. – was man aus anderen Städten halt auch kennt. Und wir sind da natürlich immer ein Teil davon, was wir für unsere AirBnBs zahlen, kann sich der Einheimische als Miete natürlich nicht leisten. Auf der anderen Seite haben wir auch Häuser gesehen, wo die Einschusslöcher aus Bandenkriegen erst in den letzten Jahren beseitigt wurden. Ich weiß nicht, was da besser ist.

Was man ebenfalls mit Panamá verbindet (und nicht erst seit Trumps Besitzansprüchen), ist der Panamá-Kanal. Dieses technische Meisterwerk stellt eine Verbindung zwischen dem karibischen Meer und dem Pazifik her. Und ich hätte ja vorher nicht gewusst, wo der Panamá-Kanal genau ist – also Panamá, no na, aber dass der so zentral in Panamá liegt, wusste ich nicht. Er ist streng genommen so nahe an Panamá City, dass man mit dem städtischen Bus hinfahren kann.
Und nachdem wir es ja nicht so mit Gruppenaktivitäten haben, haben wir genau das gemacht: Mit dem öffentlichen Bus zum Panamá Kanal. Also schon fast ein Tag wie ein Einheimischer: Mittagessen in der Markthalle, das wirklich geil geschmeckt hat und wir waren dort die einzigen Ausländer. Man kommt hier selbst mit Englisch gut durch (eine Frechheit ist das, wenn ich auf Spanisch etwas sage und sie auf Englisch antworten), aber das Spanisch hier ist schon eine sehr vermurkste Variante, wo sie ganze Worte umbauen, indem sie sie neu zusammensetzen und den hinteren Teil nach vorne ziehen (paso wird zu sopa): Aus “qué paso?” (“Was ist los?”) machen sie “qué sopa"?” - na eh lustig.
Daneben ist auch der Fischmarkt und es gibt Garnelen in Hülle und Fülle. Alles frisch, wir hatten *aufholzklopf* auf der gesamten Reise bisher noch keine Probleme mit dem Essen – wir essen alles und vertragen alles.

Hier der Tagesteller: Fischfilet mit Sauce, Banane (ohne geht es in dieser Region einfach nicht), Erdäpfel-Mayonnaise-Salat und Kokosreis. Knapp über € 10,- für uns beide und *mjam*.

Danach zuerst mit der U-Bahn (es gibt hier tatsächlich zwei Linien) und dann mit dem Bus weiter. Das UBER wäre extrem billig gewesen, aber wir mögen das manchmal schon, dass man sich etwas durchkämpfen muss. Und es war schon etwas mühsam, weil sie es halt nicht so mit Beschriftungen haben. Man erkennt die Bushaltestelle, aber welche Linie, wohin, wann – es blieb ein Rätsel. Google und hilfsbereite Einheimische, wir haben es gemeistert. Und der öffentliche Transport hier ist unglaublich billig: Eine Fahrt kostet USD 0,25. Es sind übrigens wirklich US Dollar, auch wenn Panamá offiziell eine eigene Währung hat (den panamáischen Balboa). Diese ist aber praktisch nicht existent (es gibt nur Münzen – als Scheine gibt es ausschließlich den US Dollar), was aber ohnehin egal ist, da sie 1:1 an den USD gebunden ist. Aber selbst Kreditkartenzahlung laufen in Dollar.

Zurück zum Panamá Kanal, so viel sieht man da nicht. Die Donau schaut jetzt auch nicht so viel anders aus. Aber es ist schon spannend, wie diese riesigen Schiffe in die Schleusen bugsiert werden - das war es dann auch schon wieder. Die faszinierende Meisterleistung liegt ja dahinter, dass man so etwas erbauen konnte.

Panamá City hat uns wirklich positiv überrascht, es wirkt wie eine aufgeräumte Latino-Stadt. Es schaut auf den ersten Blick sehr US-amerikanisch aus (und die Verbindung gibt es ja auch ohne Zweifel – siehe die Währung), aber es hat schon noch einen gewissen Latino-Flair, etwas leicht Schmuddeliges, man sieht bei vielen Häusern den Verfall, aber das macht es irgendwie aus. Vielleicht ein bisschen die Nobelvariante von Kolumbien – hat uns gut gefallen.

Die nächsten Stationen werden Santa Catalina und Boquete sein – ersteres gilt mit der Isla Coiba als das Galapagos Panamás, zweiteres ist im Vulkangebiet bei den Nebelwäldern. Wir hatten ursprünglich eine Route dann weiter in den Nordosten und dann nach Costa Rica geplant, aber Panamá dürfte nicht so touristisch sein wie wir es uns erwartet haben und die Busverbindungen sind wirklich mühsam – und noch dazu nicht so billig wie man es sich denkt. Selbst unser Guide meinte, dass wir uns doch ein Auto mieten sollten, weil das viel einfacher ist. Und nachdem das auch noch sehr billig ist (€ 20,- pro Tag inkl. All-In-Versicherung), haben wir jetzt für 10 Tage einen Mietwagen, bringen den dann nach Panamá City zurück und fliegen nach San José. War nicht unsere geplante Route, aber wir sind damit jetzt sehr happy, vor allem weil wir auch abgelegenere Gebiete in den Bergen oder am Pazifik besser ansteuern können. Steffi will ein bisserl tauchen, ich freu mich auf den Vulkan (wieder einer) – schau ma mal wie das wird.

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