Von Kolumbien führte uns unsere Reise erst einmal nach Puerto Rico. Wobei wir da ja ein bisserl hineingestolpert sind (wieder einmal), denn irgendwann auf unserer Reise ist der Plan gereift, dass eine Kreuzfahrt ganz praktisch sein könnte. Wir sind ja nahe an der Karibik, wo wir beide noch nie waren und hatten beide recht naive Bilder – so wie wohl viele, die eben noch nicht in der Karibik waren. Da denkt man an weiße Strände mit einem Sand wie Staubzucker, dazu vielleicht a bisserl entspannter Reggae und ein feiner Cocktail mit Rum. Also irgendwas zwischen Bacardi-Werbung und Jamaika-Fotos. Aber wir wussten natürlich nicht wohin. Ist St.Lucia besser als Martinique? Ist Guadeloupe eine sauteure Destination und vielleicht weniger schön als Barbados? So kamen wir auf eine Kreuzfahrt und nachdem wir in der Gegend waren, wollten wir einfach billige Restplätze ergattern. So stellt man sich das halt vor.
Das ist dann vor allem daran gescheitert, dass man von Süd- bzw. Mittelamerika nicht so leicht in die Karibik kommt wie man es vielleicht vermuten würde. Die Flüge gehen oftmals über die USA und manche Inseln (die französischen Überseegebiete) sind tatsächlich von Europa aus leichter/billiger zu erreichen als von Kolumbien, Panamá oder Costa Rica aus.
Also haben wir das mit den Restplätzen verworfen und sind hauptsächlich danach gegangen, welcher Abfahrtshafen für uns gut passen würde mit einer Route die uns interessiert. Und so kam es zu Puerto Rico.
Puerto Rico ist ein nicht inkorporiertes Gebiet der USA. Wieder mal eine Kurzfassung: Puerto Rico wurde von den indigenen Taíno bewohnt, als es von Christoph Columbus “entdeckt” wurde und so spanisch wurde. Die Lage von Puerto Rico war strategisch wichtig und im spanisch-amerikanischen Krieg wurde es 1898 von den US Amerikanern annektiert. Bis heute gehört Puerto Rico zu den USA, sprich man braucht ESTA zwecks Einreise und wird von US amerikanischen Beamten kontrolliert. Gleichzeitig ist Puerto Rico aber keiner der 50 Bundesstaaten, es gibt eigene Parteien und Puerto Rico hat auch eigene Wahlen bzw. darf bei den Präsidentschaftswahlen nicht mit wählen. Aber auch da der einfache Blick: Es fühlt sich an wie die USA – besonders wenn man gerade aus Südamerika kommt. Und hat einen Nachteil: Es ist einfach US amerikanisch teuer. Drum haben wir den geplanten Aufenthalt gekürzt und nur einen Tag auf Puerto Rico vor der Einschiffung verbracht.
Abgesehen vom preislichen Nachteil (und wenn man so will, dass es halt nicht mehr viel Latino-Vibes hat, sondern wie ein armes Florida wirkt) ist Puerto Ricos Hauptstadt, San Juan, aber durchaus nett. Man sieht die geschichtlichen Einflüsse der Spanier mit der Festung “El Castillo San Felipe del Morro” (übrigens seit 1983 ein UNESCO-Weltkulturerbe) und die Altstadt ist wirklich gut gepflegt und sehr schön.
















Wir hatten einen Halbtag und das hat eigentlich rein für San Juan gereicht - dann war es soweit, ab aufs Schiff. Wir haben uns für „Virgin Voyages“ entschieden, wobei es wie gesagt primär mal um den Start-Hafen ging. Wir haben tolle Angebote von Guadeloupe aus gefunden, aber ohne dreimaliges Umsteigen wäre die Anreise kaum möglich gewesen. Und VV hat den Vorteil, dass es (für uns Neulinge) „einfach“ gewirkt hat: Es gibt hier keine Trinkgelder (was ich einfach sehr entspannt finde), alle Spezialitätenrestaurants sind im Grundpreis inkludiert, die Getränkepreise sind recht ok (natürlich teurer als an Land, aber es ist jetzt nicht so abgehoben, dass man jedes Glas Wein mit dem Vermögensberater besprechen muss) und es ist eine Adult-only Kreuzfahrt – sprich keine Kinder an Bord. Dafür aber mit allen anderen Fragezeichen, die wir mit Kreuzfahrten verbanden: Ist die Kabine wirklich so winzig, sind da nicht viel zu viele Menschen und man muss sich ständig anstellen und wird das wirklich wie ein Ferienklub, nur mit dem Nachteil, dass ich der Animation kaum entkommen kann?









Gleich vorne weg, Reedereien haben nun wohl zwei Kunden mehr, wir werden sicher wieder eine Kreuzfahrt machen. Man darf natürlich nicht vergessen, wir kommen von vier Monaten Backpacking in überwiegend einfacheren Unterkünften aus Ländern, die einfach einen anderen Standard haben. Und wir haben null Vergleichswerte zu anderen Kreuzfahrten, sind also wirklich unbefleckt. Aber es hat einfach alles perfekt geklappt: Vom Einschiffen, wo wir bei unserem zugeteilten Slot keine Wartezeit hatten, alles ganz entspannt, das Gepäck war schon in der Kabine, die deutlich größer als erwartet war (unser Hotelzimmer in Puerto Rico war sicher um einiges kleiner als diese Kabine), das Personal war extrem freundlich und hilfsbereit und die Kulinarik war sagenhaft.





Die Kreuzfahrt ging über 10 Nächte, wobei nur zwei Seetage dabei waren und sieben Karibikinseln (plus dann natürlich die Rückkehr nach Puerto Rico). Wenn irgendwo eine „Enttäuschung“ bei diesen Tagen dabei war, dann am ehesten, dass die Karibik nicht ganz dem entsprochen hat, was ich im Kopf hatte. Wobei, siehe der Anfang des Beitrags, das wohl eher meinem einfachen Bild der Karibik anzulasten ist.
Und es war schon eine gewisse Herausforderung im Vergleich dazu, wie wir reisen, was wir gerne machen und was eher weniger. Das Generelle: Wir sind lieber auf eigene Faust unterwegs als in geführten Gruppen. Das ist schon mal nicht die beste Einstellung, wenn man pro Insel nur etwa 6h Zeit hat, weil man halt nicht jeden Tag der erste beim Frühstück sein möchte. Und wir sind lieber in der Natur unterwegs, entweder beim Wandern oder beim Tauchen/Schnorcheln als dass wir am Strand oder in einem Beachclub unsere Zeit verbringen.
Wir versuchen ja bei unseren Trips schon, nicht ganz die dümmste Variante von Touristen abzugeben. Also ein wenig informieren über das Land und die Bevölkerung und nicht unbedingt (nur) die Top 3 Attraktionen besuchen. Aber da simma bei den Karibikinseln wirklich ein bisserl an die Grenzen gestoßen, denn irgendwie folgt praktisch jede Insel diesem groben Bauplan – natürlich nicht ganz ernst gemeint:
· Entdeckt von den Spaniern, irgendwann dann aber von den Briten beherrscht worden und erst seit maximal 20 Jahren unabhängig.
· Es gibt einen Vulkan, die Insel ist schön grün und hat wunderschöne Strände.
· Die Staatsfinanzen werden zu 30% durch Tourismus und zu 70% durch Briefkastenfirmen abgedeckt. Es wird kaum etwas lokal produziert, aber es gibt eine Brauerei.
· Die Sehenswürdigkeiten sind ein altes britisches Fort, alte Kanonen, ein altes Herrenhaus (irgendwas mit Zuckerrohr und Rum) und ein botanischer Garten.
· Der Rum von genau dieser Insel ist ganz speziell.
Insgesamt war die Kreuzfahrt aber wirklich eine gute Entscheidung. Nicht nur weil wir mit dem Schiff und dem Erlebnis an sich sehr glücklich waren, sondern auch weil wir so einen guten ersten Eindruck von sieben verschiedenen Inseln bekommen konnten. Natürlich sehr oberflächlich – in sechs oder sieben Stunden an Land wird man keine tiefen Eindrücke bekommen. Aber als erstes Reinschnuppern hat das super gepasst und auch wenn uns klar ist, dass das „gefällt uns“ oder „hat uns nicht so gefangen“ auch stark von dem geprägt ist, wie der Tag an sich war (hat die Aktivität auf der Insel gepasst, wie war das Wetter und sowas), so hamma zumindest ein Bild von den Inseln. Ist ja schon mal was. Drum hier eine höchst subjektive Übersicht.
Den Anfang machten die britischen Jungferninseln und sie werden uns als sehr langweilig in Erinnerung bleiben. Denn wir waren dort an einem Sonntag und in der Haupt“stadt“ Road Town auf der Hauptinsel Tortola waren die gefühlt zwei vorhandenen Geschäfte zu. Dort gibt’s wirklich wenig bis gar nix. Die Insel ist sehr gebirgig und hat rundherum wirklich schöne Buchten – rein zum Baden ist es dort wirklich schön. Unser Plan war aber die Besteigung des höchsten Berges “Sage Mountain”. Was grundsätzlich auch kein Problem war, wir haben aber schnell gemerkt, dass Wandertourismus hier eher unterentwickelt ist, denn so schön auch alle Wege durch den Regenwald waren: Man hatte genau keinen Ausblick, da alles zugewachsen war. Selbst bei den Viewpoints waren hohe grüne Wände im Weg. Das hatte schon etwas sehr amüsantes, man wandert zum „highest point“ und steht dann schlicht mitten im Wald. Herrlich.







Der zweite Landgang war Antigua & Barbuda, eigentlich Antigua mit der Hauptstadt St.John’s. Hier haben wir uns für eine kleine kulturelle Tour entschieden, denn diese Insel hat einen Vorteil: Es gibt einen öffentlichen Verkehr mit Minibussen. Also zum Busbahnhof, einmal über die Insel getuckert zu Nelson’s Dockyards, einer alten Werft der Briten, die sogar ein UNESCO Weltkulturerbe ist. Und das meine ich jetzt wirklich ehrlich dankbar, wir können oft gar nicht schätzen, wie großartig Europa ist und was es bei uns alles gibt. Man kann an einem Wochenende mal schnell nach Athen oder Rom – das ist einfach Wahnsinn. Soll heißen: Nelson´s Dockyards sind ein paar alte Häuser, schön restauriert, schon spannend, aber nix was man nicht auch in Europa sehen könnte. Da denk ich mal schnell an die Wehranlagen am Grazer Schloßberg.
Ganz ohne Wandern ging es auch hier nicht, wir ließen uns von einem Bootstaxi zu einem Wanderweg bringen, der zu den Shirley Hights führte. Allerdings haben wir uns da zeitlich schwer verplant und mussten daher auf halbem Weg umdrehen. Dennoch war das ein schöner Ausflug, besonders weil wir mit dem Bus mit den Einheimischen unterwegs waren und nicht nur die Touristenfleckerl sahen.













Danach kamen wir zu St.Kitts & Nevis, zwei Inseln, die einen gemeinsamen Staat bilden. Auf St.Kitts gibt es einen wunderschön bewachsenen Vulkan, den wir im Rahmen einer geführten Tour besteigen wollten. Die Wanderung soll recht anspruchsvoll sein, da haben wir dann doch lieber einen Guide dabei. Leider wurde diese Tour am Vorabend abgesagt. So haben wir wieder das „auf eigene Faust“ Programm gewählt und sind mit der öffentlichen Fähre auf die Nachbarinsel Nevis gefahren um dort einen Strand zu besuchen. Hat dann auch alles fein geklappt, wobei das spannendste Erlebnis sicher unser Lokalbesuch war. Beim Strand auf Nevis gab es nämlich ein Lokal, das lokal gebrautes Bier vom Fass ausschenkte. Und Fassbier ist in den letzten Monaten ein Mangel-Produkt, in Südamerika bekommt man selbst in guten Lokalen nur Dosen-, oder wenn man wirklich Glück hat, Flaschenbier. Nachdem Steffi auf unserer Reise zur Biertrinkerin wurde, zögerten wir nicht lange und wie sich herausstellte sind die Betreiber eine niederösterreichische Auswandererfamilie. Und das Bier war tatsächlich so gut wie erhofft. Auch der Strand war wirklich schön und das war bis dahin wohl unser spannendster Landgang. Weg von den Touristenmassen, landschaftlich sehr schön, ein toller Strand – einfach fein.












St.Kitts - na da hamma was beigetragen zum nachhaltigen Tourismus *sarkasmus* - wenn der Riesendampfer plötzlich klein wirkt
Am Tag darauf stand Martinique auf dem Programm, die einzige französischsprachige Insel auf unserer Tour. Es ist ein Überseegebiet Frankreichs und gehört damit auch zur EU. Die Währung ist der Euro und wir konnten bei unseren Telefonverträgen wieder das EU-Roaming nutzen. Von der Hauptstadt Fort-de-France haben wir eine Fähre nach Pointe du Bout genommen, wo die schöneren Strände sind. Und auch das war ein fantastischer Tag, wir haben uns so wohl gefühlt – aber ich gebe zu, nach fast fünf Monaten außerhalb Europas haben wir einfach dieses französische Lebensgefühl genossen. Franzosen mögen schwierig sein, aber sie sind uns schon so viel näher als andere Nationen.











Der nächste Landgang stand in St.Lucia auf dem Programm und das ist eine der schwierigen Beurteilungen, denn ich denke, dass St. Lucia wohl die schönste Insel auf unserer Tour ist. Aber es hat den ganzen Tag immer wieder geregnet, daher haben wir unsere Inselbesichtigung stark abgekürzt und uns eigentlich nur in der Hauptstadt Basseterre aufgehalten – trotz des französischen Namens ist diese Insel von britischen Einflüssen geprägt und war bis 1979 unter britischer Herrschaft. Auf der Insel gibt es zwei inaktive Vulkane, die so etwas wie das Nationalsymbol sind - der große und der kleine “Piton”. Und auch das Bier heißt so.











Danach ging es nach Barbados, wo wir einen reinen Badeaufenthalt geplant hatten. Das Schnorcheln war wirklich beeindruckend, da es nahe des Hauptstrandes ein Schiffswrack in wenigen Metern Tiefe zu bewundern gab und auch die Tierwelt ließ in unmittelbarer Strandnähe keine Wünsche offen. Rochen, Schildkröten und unzählige Fische konnten wir aus nächster Nähe betrachten – fantastisch. Nur das Wetter spielte auch da nicht ganz so mit - Gott sei Dank müssen wir im nachhinein sagen, denn die wenigen bewölkten Stunden am Strand und im Wasser haben uns schon einen ordentlichen Sonnenbrand verpasst.














Der letzte Landgang war auf St.Vincent und den Grenadinen (also streng genommen nur auf St.Vincent in Kingstown) und das war dann unsere Insel. Wie angekündigt, das ist sehr subjektiv, denn diese Insel war einer der Gründe, warum wir uns für diese Kreuzfahrt entschieden haben – wir fanden den Namen schon immer so genial, es klingt einfach wie eine 80er Coverband, die auf einer Hochzeit spielt. „Und nun, meine Damen und Herren, St. Vincent und seine Grenadinen!“ Die Grenadinen wären da die Background-Sängerinnen… St.Vincent ist nicht die typische Badeinsel, die schönen Strände sind eher rar, es ist eine noch eher touristisch unterentwickelte Insel (den Flughafen gibt es erst seit 2017) und da haben wir es wieder, das nicht ganz Perfekte mögen wir. Auch hier gibt es einen Vulkan, die Wanderung ist nicht zu anspruchsvoll, aber auch kein einfacher Spaziergang: Da war die Entscheidung getroffen! Also ab auf den Vulkan. Es ist übrigens ein aktiver Vulkan, zuletzt im Jahr 2021 ausgebrochen und unser Guide ließ keinen Zweifel daran, dass das wirklich heftig war, auch wenn keine Todesopfer zu beklagen waren. Wir sind über die versteinerten Lavamassen gewandert und konnten noch die Palmen sehen, die durch die Aschebelastung gestorben waren. Sehr beeindruckend. Und trotz allem ging sich ein kleines Tanzerl im Nebel auf dem aktiven Vulkan aus.
Dass im Hafen dann noch eine coole kleine Bar das hervorragende lokale Bier Hairoun serviert hat, hat für uns diesen perfekten Tag abgerundet. Wenn wir auf eine Insel zurückkommen, dann wird es St.Vincent sein – das steht fest.
















Es waren für uns unglaubliche, einmalige 10 Tage. Wir wissen, dass es beim nächsten Mal sicher nicht so toll sein wird, weil wir dann ja vergleichen und als “alte Hasen” einiges besser wissen. Unsere Naivität hat Spaß gemacht und nach viereinhalb Monaten, wo wir schon oft auch auf Gewohntes und Luxus verzichtet haben, war das einfach Spitze.