Wir haben uns schließlich für zwei Tage ein Mietauto genommen um das Umland von Mendoza zu erkunden. Am ersten Tag wollten wir etwas wandern und Steffi hat über Wikilocs eine spannende Wanderungen auf der Ruta 7 (die Verbindung zwischen Mendoza und Chile über die Anden - etwa 90km von Mendoza entfernt) gefunden, wo man auf einer aufgelassenen Bahnstrecke zur Estacíon Guido und einer eingestürzten Eisenbahnbrücke wandern kann.
Die Strecke war Teil der Transandenbahn (“Ferrocarril Trasandino”), die ab dem späten 19.Jhdt gebaut wurde und aufgrund der politischen Spannungen zwischen Argentinien und Chile und den schwierigen Bedingungen (Verschüttungen der Strecke) in den späten 1970er Jahren wieder eingestellt wurde. Die Eisenbahnbrücken und Tunnel sind weitgehend erhalten und bieten eine extrem spannende Umgebung für eine Wanderung - man kann von einer Brücke, die von der Ruta 7 gut erreichbar ist, zum Bahnhof “Guido” und einer dort eingestürzten Brücke wandern, wobei man drei Brücken überquert und durch zwei Tunnel wandert. Es geht recht flach dahin und hin und zurück sind es um die 12km, also gut bewältigbar. Ich musste aber oft an den Spruch “Die Freiheit stirbt mit der Sicherheit” denken, denn auf dem Weg war nichts gesichert, es ist freies Gelände und v.a. die erste Brücke hat es in sich, da darunter der Fluss Mendoza fließt, auf dem in diesem Abschnitt auch Rafting angeboten wird - also nix mit kleiner Bach, da geht es schon ordentlich dahin. Und die Brücke ist eben seit den 1970ern nicht gewartet, es gibt keine Sicherung, Querstreben fehlen, aber man kann drüber gehen. Und es war eine unvergessliche Wanderung.










Am nächsten Tag haben wir den “Parque Provincial Aconcagua” besucht. Dort gibt es zwei Herausforderungen: Einerseits ist der Park doch ein bisschen von Mendoza entfernt (rund 195km und 3,5h Fahrzeit) und zum zweiten ist die Nationalparkverwaltung Argentiniens nicht wirklich an vielen Besuchern interessiert, denn man muss vorab Tickets für spezifische Zeitfenster reservieren und in einem Ort vor den Anden (Uspallata - rund eine Stunde Fahrzeit vom Park entfernt) in bar bezahlen - online Zahlung geht nicht, vor Ort geht nicht. So etwas kann nur einem Menschenhasser einfallen, der will, dass der Ort möglichst unberührt bleibt. Egal, wir haben es geschafft und waren dann fast allein auf der kurzen Wanderroute (kaum mehr als 1km) bei traumhaften Wetter.
Der Aconcagua ist der höchste Berg der Welt außerhalb Asiens mit seinen knapp 7.000m. Die hohen Berge, die man so kennt, Mount Everest, K2 und was auch immer es da so gibt, sind allesamt in Asien. Dazu ist der Aconcagua der zweithöchste Berg der Welt (nach dem Mount Everest), was seine Dominanz angeht. Wusste ich natürlich vorher auch nicht, aber das ist die relative Höhe, um wieviel der Berg seine Umgebung überragt. Man kann ja theoretisch einen 8.000er sehen, der rundherum aber ein Hochplateau auf 6.000m Höhe hat. Völlig egal, wir waren ja eh nicht oben, sondern haben ihn von unten angeschaut, aber im Blog muss es ja tollkühn wirken. :)
Auf der Fahrt war der erste Blick auf die Anden einfach unbeschreiblich - der mit dem vergleichsweisen flachen Gipfel ist der Aconcagua, denn das ist ein erloschener Vulkan, daher nicht so spitz, wie man in unseren Breiten den Gipfel eines hohen Berges erwarten würde. Aber die anderen Gipfel schauen schon irgendwie toller aus.


Ab Uspallata geht es dann wirklich in die Anden, zuerst durch eine breitere Schneise, die dann aber immer enger wird, bevor man dann den Parque Provincial erreicht.




Im Parque Provincial Aconcagua angekommen muss man sich zuerst registrieren (wie immer in Argentinien recht mühsam mit Pass) und kann dann mit dem Auto zu einem höheren gelegenen Parkplatz fahren, von dem man dann die kurze Wanderung rund um einen kleinen See mit einem perfekten Blick auf den Aconcagua machen kann. Und wie fast immer in Argentinien waren wir praktisch allein, ich denke wir haben drei andere “Wanderer” getroffen. Der Blick war fantastisch und auch wenn der Aconcagua als recht einfach zu besteigen gilt - keine zehn Pferde bringen mich da hinauf. Mir hat der Blick von etwas über 3.000m gereicht.




Auf dem Heimweg konnten wir noch die Puente del Inca ansehen. Das ist für mich so ein Touristenbus-Stop - gehört irgendwie dazu, aber ich weiß nicht was ich damit anfangen soll. Es gibt heiße Quellen und Anfang des 20.Jhdts hat man dort ein Hotel gebaut. Die Touristen reisten mit der weiter oben erwähnten Eisenbahn an und genossen das warme Wasser auf dieser Höhe. Durch Erdrutsche und weil die Eisenbahn eingestellt wurde, ist dieses Hotel dann aber verfallen und bietet heute ein seltsames Fotomotiv.
Ähnlich seltsam wie das Skigebiet danach auf dem Weg (“Cazadores de Montaña 8”) - wobei wohl manche österreichische Skiorte im Sommer kein weniger skurriles Fotomotiv abgeben.



Aber all das ist nichts gegen eine Skurrilität, die ich sonst nur aus Asien kenne, aber nicht aus dem Christentum. Jeder Thailand-Tourist kennt wohl diese kleine Schreine, wo Opfergaben abgestellt werden (oft Softdrinks oder Essen), die dann von den Mönchen gegessen/getrunken werden.
Und so etwas ähnliches gibt es in Argentinien, allerdings noch seltsamer: Die Andacht der Difunta Correa.
Mir sind auf den Überlandstrecken oft kleine “Marterl” aufgefallen, wo Massen von Plastikflaschen herumlagen. Dies hat mit der Legende um María Antonia Deolinda y Correa zu tun. Dies soll eine Frau gewesen sein, die 1841 auf der Suche nach ihrem Mann angeblich in der Wüste Argentiniens verdurstet ist. Ihr Kind jedoch war dank der Muttermilch nicht gestorben, es lag saugend an der Brust der toten Mutter. Tja, heute ist sie die Schutzheilige der Reisenden und besonders LKW-Fahrer platzieren Plastikflaschen an den Andachtstätten um auf ihrer Fahrt geschützt zu sein. Dass Frau Correa von der katholischen Kirche als Heilige nicht anerkannt ist, tut all dem keinen Abbruch. Glaube - was soll ich sagen? Aber seht selbst, wie das in Realität dann aussieht.


