Die Karibikküste um Dibulla und Palomino war zwar schön, aber bei weitem nicht das, woran man bei „Karibik“ denkt. Das Meer war ziemlich rau, was auch mit der Zeit unseres Besuches zu tun hatte, denn von Dezember bis März ist die Trockenzeit, die auch stürmischere Winde mit sich bringt und daher ist das Meer unruhiger und damit auch weniger klar. Mit dem Pool in Palomino war uns das egal, aber dennoch haben uns wieder auf eine „städtischere“ Umgebung gefreut und damit stand Cartagena auf unserem Plan.
Wieder einmal eine nervige, weil extrem lange Busfahrt für eine überschaubare Strecke – aber langsam gewöhnen wir uns dran. Und es lief wie immer bei mir, auch diesen Ablauf kenne ich inzwischen bei mir selber: Ein kleiner lokaler Bus, eigentlich beginnt alles ganz geschmeidig, keinerlei Luxus, aber es ist billig und alles klappt. Drei Minuten im Bus und ich bin einmal durchgeschwitzt und frag mich, warum ich mich nicht zu einem öffenbaren Fenster gesetzt habe. Dann fährt man los und ich bin immer komplett im „cooles Erlebnis, so genial“-Modus. Achtsamkeit, ich bemühe mich da wirklich immer aktiv zu genießen, was ich erlebe, denn ich weiß, dass ich es hinterher einfach lieben werde - warum also nicht auch in dem Moment selbst. Etwa eine Stunde klappt das. Spätestens beim zehnten Stopp irgendwo auf freier Strecke kommt der Österreich-Robsi durch und ich vermisse das langweilige, aber auch höchst effiziente Mitteleuropa. Zeit hat hier eine ganz andere Bedeutung und es fühlt sich bei vielen Dingen an, wie wenn alles endlos dauern würde. Einkaufen im Supermarkt gehört da übrigens auch dazu, es ist unglaublich wie lange der kleinste Einkauf in Südamerika dauern kann. Aber es ist ja doch irgendwie „Urlaub“ – „when in Rome, do as the Romans do“ oder mein Zugang im Regelfall: Es is wie es is.
Zurück zur Reise, auf halber Strecke mussten wir wieder den Bus wechseln. Allerdings auf freier Strecke rausgelassen – wo zufällig unzählige Taxifahrer dich sofort bestürmen. Und leider den Fehler gemacht, einem Taxler zu glauben. Sein genannter Preis war ganz ähnlich wie UBER, er war schon da – nehm ma halt das Taxi. Natürlich verdreifachte sich der genannte Preis, weil er während der Fahrt auf einen anderen Busbahnhof umschwenkte, weil der eigentlich viel besser, schneller und überhaupt super wäre. Langer Rede kurzer Sinn: Der Taxler hat uns beschissen (zum Glück ist hier alles so billig, dass es nach unseren Dimensionen eigentlich wurscht war – unser Stolz hat mehr gelitten darunter), die Busse haben genauso lange gebracht wie die vom anderen Busbahnhof und wir mussten eineinhalb Stunden Wartezeit überbrücken. Hamma aber alles überlebt und mit einem Spaziergang zum Strand das Beste draus gemacht – soll nix Schlimmeres passieren.
Und so kamen wir etwa 8h nach Abfahrt in Palomino im 310km entfernten Cartagena an – 310km, eine Tagesreise.
Cartagena ist aber eine wunderbare Stadt, etwas mehr als eine Million Einwohner und die Altstadt ist seit 1984 ein UNESCO-Weltkulturerbe. Diese Altstadt ist wirklich ein Prunkstück, extrem gute erhaltene oder gut restaurierte Häuser, umgeben von einer Wehrmauer. Cartagena wurde 1533 von den Spaniern gegründet, war von Anfang an ein wichtiger Hafen für die Spanier und musste daher vor Piraten geschützt werden - daher die Wehrmauern. Und auch heute noch ist Cartagena der wichtigste Hafen von Kolumbien und damit auch die Hauptroute für den Drogenhandel aus Kolumbien heraus (auch wenn größere Mengen über den Hafen Guayaquil in Ecuador verschifft werden).





Gleichzeitig ist Cartagena auch heute noch sehr wichtig und gilt als eine der sichersten Städte Kolumbiens - auch die kolumbianische Marine hat hier ihren Hauptstützpunkt.
Ich habe mir da eine schmuddelige Hafenstadt erwartet, aber genau das Gegenteil ist der Fall. Die Altstadt ist ein wahres Schmuckstück und ich habe mich in kaum einer südamerikanischen Stadt bisher so sicher gefühlt.
Übrigens ist es eigentlich “Cartagena de Indias” (Bezug auf Westindien), denn in Spanien gibt es in der Region Murcia schon ein Cartagena und die Spanier wollten nicht durcheinander kommen.
Die Altstadt ist unfassbar schön und hatte für mich nur einen Haken: Es ist eigentlich ein Freilicht-Museum, da nur mehr eine Handvoll Familien dort wohnen. Alles andere ist ausschließlich auf Tourismus ausgerichtet, seien es Hotels in alten Prunkbauten, Airbnbs in früheren Wohnhäusern oder Shops mit Touristenkitsch in den Geschäften. Ein wenig Hallstatt auf kolumbianisch.
Dennoch kann man an vielen Türen noch die alten Handwerkshäuser erkennen, der kolumbianische Literatur-Nobelpreisträger Gabriel García Márquez hatte hier ein Haus und - fast unvermeidlich: Es gibt auch eine Botero-Skulptur in Cartagena. Das Reiben der Brüste soll Glück bringen - ich lass das einfach mal so stehen.





Ich hab mit dem Guide (wieder mal eine walking Tour und dann auch noch eine Food Tour mit demselben Guide) über das “Freilicht-Museum” gesprochen und da erstmals in Südamerika kritischere Töne gehört – aus meiner Sicht spürt man da ganz deutlich den Einfluss der Amerikaner, die hier sicher die Hauptgruppe der Touristen ausmachen. Leicht zu erreichen, keine Visumpflicht und billiger Alkohol, wobei das Alter der Trinker hier wohl auch nicht wirklich ein Thema ist.
Neben der ummauerten Altstadt gibt es für Touristen noch die zwei relevante Stadtteile: Getsemani und Bocagrande – in letzterem haben wir gewohnt.
Getsemani ist ein extrem cooler Bezirk, bei uns würde man es wohl gentrifiziert nennen, der seinen Weg von einem gefährlicheren Viertel zum Fortgeh-Mekka gemacht hat. In zahlreichen Straßen haben sich Künstler und Galerien angesiedelt, alles ist recht gepflegt, nicht so „künstlich“ wie die Altstadt und die Cocktails sind billig (hier ist üblicherweise rund um die Uhr Happy Hour – zwei Cocktails für gesamt € 4,50). Über die billigen Cocktails hamma uns schon auch gefreut.
Zentral ist der Plaza de la Trinidad, wo es sich am Abend so richtig abspielt mit Open Air „Tanz und Musik“ wie es der alte Mann in mir sagen würde.











Bocagrande hat mich ein wenig fragend zurück gelassen. Liegt auf einer Landzunge, eigentlich sehr schön mit dem Meer vor der Haustüre, aber schaut wie eine südamerikanische Version von Miami aus. Hochhäuser wohin man schaut und auch die Lokale, wie man sie aus den USA kennt: Neben Starbucks ist der McDonalds, dann noch ein paar bekannte oder unbekannte Fast Food Ketten. Und dazu Partybusse: Das sind unzählige offene Busse mit Partybeleuchtung und unglaublich lauter Musik, wo man sich während der Stadtrundfahrt betrinken und Party machen kann. Muss nicht sein. Nein, muss absolut nicht sein.
Dennoch haben wir uns dort nicht unwohl gefühlt, denn wir wollten ein Quartier mit Pool und unser serviced Apartment in einem Hochhaus hatte einen fantastisch großen Pool. Der Strand war nicht so besonders (schaut a bissal was wie in Lignano, nur dass der Strand an der Adria schöner ist), aber mit dem UBER war man schnell und billig in der Altstadt. Und Hotels mit Pool in der Altstadt sind unbezahlbar…
Ohne Food Tour ging es auch in Cartagena nicht. Viel schon Bekanntes (zahlreiche Früchte und typische Säfte), eine neue Variante der kolumbianischen Spezialität Arepa (eine Art Fladen - hatten wir in Medellin stärker auf Mais-Basis, in Cartagena geht es in Richtung eines türkischen Fladenbrots) und ein Fischlokal auf einem Einheimischen-Markt, wo wir lokale Krabben und Hai probiert haben.






Apropos „muss nicht sein“, eine Tour dieser Kategorie haben wir gemacht zu den Inselwelten vor Cartagena. Dort wird es wirklich so karibisch wie man es sich vorstellt, aber dort beherrscht der Partytourismus einfach alles. Wir haben endlos herumgeschaut und -gefragt, wir wollten einfach die Inseln sehen und ein wenig schnorcheln. Geendet hat es bei einer organisierten Tour auf einem Speedboot mit lauter Rapmusik. Hatte schon einen gewissen Unterhaltungsfaktor, auf dem Boot waren 24 Personen plus Crew. Alle anderen Passagiere schwarze US-Amerikaner Anfang 20. Ja, wir haben das Bild aufgelockert.
Die „Haupt-Party-Insel“ war furchtbar, einfach nur laut und man hatte keine Möglichkeit als irgendwas anderes zu machen, als neben riesigen dröhnenden Boxen im hüfttiefen Wasser zu stehen und zu saufen. Wir haben uns da auf das Boot verzogen und das war dann ganz ok. Man muss wahrscheinlich ein US-amerikanischer Highschool-Student sein um den vollen Reiz hier nachvollziehen zu können.
Schlussendlich war es eh ok. Das (kurze) Schnorcheln hat gepasst und die beiden letzten, ruhigeren Inseln waren ganz schön. Zwar noch immer Party und Halligalli statt Natur, aber zumindest etwas gemäßigter.



In Summe ist Cartagena ein sehr schöner Flecken Erde. Die Altstadt ist wirklich schön, gut erhalten und sehr belebt und v.a. Getsemani ist ein chilliger Stadtteil, wo immer was los ist. Zum Abschluss noch ein kleines Video vom Parque Del Centenario - einem Park zwischen diesen beiden Stadtteilen, wo mitten in der Stadt in einem kleinen Park mehr Fauna vorhanden ist, als in manchem Tierpark in Österreich. Übertrieben, aber dort gibt es unzählige Vogelarten, man kann die Caymane beobachten, es gibt Kapuzineraffen und diesen kleinen Zeitgenossen - zum ersten Mal für mich, dass ich diese unglaublich langsamen Tiere wild lebend sehe.
Und weil es zum Faultier passt, zum Abschluss von Cartagena noch ein kleines Video übers Essen und über die Entspanntheit der Kolumbianer. Manchmal, aber nur manchmal, ist diese Entspanntheit in Kombination mit meinem brüchigen Spanisch schon noch eine Quelle für Verwunderung: Haben sie mich verstanden oder wollen sie einfach nicht oder gehört das so? :)