Back to All Events

Ab in den Süden - hungrige Weihnachten


Wir haben ja unseren Aufenthalt in der Atacama-Wüste verlängert und so hatten wir knapp vor Weihnachten noch einen zusätzlichen Tag zur Verfügung, bevor es (wieder einmal) nach Santiago für eine Nacht zwischen den Flügen ging. Diesen Tag nutzten wir (auch hier: wieder einmal) für eine Schlucht nahe San Pedro de Atacama: Die Quebrada de Chulakao. Oder auch genannt Garganta del diablo (“Teufelsrachen”). Dem aufmerksamen Leser wird auffallen, eine Garganta del diablo gab es schon bei Cafayate und gar so viel anders war es hier tatsächlich nicht. Wobei ich fair sein muss, wenn uns diese Schlucht in den ersten Wochen untergekommen wäre, dann wären wir mit offenem Mund da gestanden, aber uns begleiten diese Gesteinsformationen und Schluchten nun schon seit einigen Wochen und ich versuche wirklich jeden Moment zu genießen. Aber ganz ehrlich und auch wenn ich das eigentlich hasse: Man stumpft irgendwann ab.

 

Nichtsdestotrotz war diese Schlucht schon sehr beeindruckend, die Besonderheit hier: Man kann sie mit dem Rad relativ einfach durchfahren. Haben wir nicht gemacht, wir haben uns ja für das Valle de la luna entschieden - was übrigens eine krasse Fehlentscheidung war, die Quebrada de Chulakao hätte sicher mehr Spaß gemacht. Denn diese Schlucht schlängelt sich über einige Kilometer dahin und man kann hinter jeder Biegung etwas Neues entdecken.

Am Ende dieser etwa 5km langen Schlucht erwartet einen dann noch ein recht steiler Anstieg zu einem Aussichtspunkt, von dem aus man die gesamte Schlucht überblicken kann.

Der Flug nach Santiago de Chile klappte einwandfrei und inzwischen kennen wir uns am Flughafen blind aus. Die Nacht haben wir diesmal in einem Hostel verbracht, weil wir am nächsten Tag erst in der Nacht den Flug hatten und die fehlende Möglichkeit der Gepäcksaufbewahrung ist ein Riesennachteil bei AirBnB. Und das Hostel war sehr ok, ich will ja keinen falschen Eindruck erwecken, wenn wir in einem Hostel absteigen, dann wollen wir ein einfaches Zimmer (möglichst mit eigenem Bad) für uns. Und das hat da super gepasst, es war im Viertel Lastarria, wo wir uns sehr wohl fühlen. Wirkt recht sicher, ziemlich alternativ/künstlerisch angehaucht (LGBTIQ+-Personen dürften sich da recht wohl fühlen - war für mich eh überraschend, dass das auch in Südamerika so offen gelebt werden kann), viele Lokale, buntes Treiben auf der Straße. Aber halt ein Hostel, eher laut und ich frag mich ja immer, warum ein Hostel automatisch mit einer gewissen Schäbigkeit daherkommen muss. Das Zimmer wirklich ok, alles einfach, aber recht sauber, das hat schon gepasst. Bisher wohl das beste Bett auf unserer Reise, wir haben herrlich geschlafen. Und auch das Frühstück (bei einem Zimmerpreis von € 45,- inkludiert) war absolut in Ordnung. Aber als ich das benutzte Geschirr wegbringen wollte, deutet der Mitarbeiter in Richtung der Küche: Selber abwaschen ist angesagt. Passt ja eh, zu Hause habe ich ja auch kein Personal, aber irgendwie kommt mir vor, dass Hostels immer irgendwas brauchen, damit man fühlt “He, das ist kein Hotel da, du bist jung und hast wenig Geld, also bitte!”.

Da es der 24.12. war, haben wir am Nachmittag mit unseren Familien über Skype/Whatsapp Bescherung gefeiert und sind am Abend dann zum Flughafen gefahren, denn unser Flug nach Punta Arenas im Süden Chiles ging um 23:14 - wir hatten das ja schon, ja, das war die Abflugzeit. Als ich das UBER rufen wollte, wurde ich kurz unruhig: “Sehr hohe Nachfrage” und dreifacher Preis wie normal. Also nach einem Taxi gesucht und ich war endlos erleichtert, als wir eines hatten. Offenbar ist das ein heftiger Reisetag und hoffentlich sind wir mit den üblichen 2h vor Abflug nicht zu spät dran. Was weiß ich wann Südamerikaner zu Weihnachten reisen. Ehrlich, ich bin bei sowas ein Schisser, ich will keinen Flug versäumen und das hätte zu Weihnachten einiges an Schwierigkeiten bedeutet.

Große Erleichterung, dass wir pünktlich am Flughafen ankamen und noch größeres Gelächter, als ich die Abflughalle sah: Nichts, niemand, unser Flug war der letzte Inlandsflug vor Weihnachten und dementsprechend voll war der Flughafen. Das war schon wieder ein tolles Erlebnis… :)

Ankunft in Punta Arenas um 02:38 (auch hier wieder: das sind die offiziellen Zeiten hier), mit einem UBER ins AirBnB, wo uns unser Host gegen 03:15 noch persönlich empfing, Ich habe vorher gefragt, ob das wohl in Ordnung ist, aber der war extrem locker, hat uns am letzten Abend auch zu sich auf ein Glas Wein eingeladen - das sind die AirBnBs, die ich wirklich mag, weil es dem Ursprungsgedanken näher kommt. Ich bin kein Couch-Surfer, aber bevorzuge immer private Vermieter, gerne auch wirklich private Wohnungen, wo halt jemand auf Urlaub ist. Aber natürlich nutzen wir auch die “Investment-Objekte”, aber das ist ein ganz eigenes Thema, wo ich gerne mal meine Gedanken teile. Wir haben es jedenfalls in unser Quartier geschafft.

 

Nun gut, bis daher hat ja alles gepasst, wir konnten am 25.12. (heiliger Abend in Chile) ausschlafen und der ganze Tag stand eigentlich nur unter dem Motto: Wo bekommen wir etwas zu essen? Im Zentrum von Punta Arenas gab es einige wenige offene Lokale und wir haben auch einen Supermarkt gefunden, der offen hatte. Supermarkt gibt ein falsches Bild, sowas wie früher Greißler bei uns waren. Oder die Berliner Spätis. Viel Alkohol, viel Junk Food (Chips und Kekse), wenig von dem, was man wirklich braucht.

Für den nächsten Tag hatten wir online eine Tour zur Magellan-Straße und einer Pinguin-Kolonie gebucht. Wir versuchen solche Touren ja eher zu vermeiden, aber am Tag nach Weihnachten war eine selbst organisierte Tour schlicht unmöglich.

Die Magellan-Straße wurde vom Portugiesen Ferdinand Magellan 1520 entdeckt. Sie gehört geographisch zu Chile und wird auch heute noch genutzt, weil man so vom Atlantik in den Pazifik kommt ohne das Cap Horn zu umrunden. Etwas weiter im Süden gibt es einen Pinguin-Park, wo man eine Pinguin-Kolonie beobachten kann. Pinguine leben ja eigentlich in der Antarktis, aber eine Kolonie hat sich in dieser Bucht “niedergelassen” (lustigerweise ist der Name der Bucht Bahía Inútil (“Nutzlose Bucht” - weil das Wasser dort nicht tief genug ist, dass Schiffe anlegen können, daher eben “nutzlose Bucht”)), wo sie keine natürlichen Feinde und genügend Futter haben. Dort wurde dann ein privater Park errichtet, die Pinguine sind dort frei und nicht wie in einem Zoo eingesperrt und man kann sie eben mit entsprechendem Abstand “besuchen”.

Tja, es gibt zwei Wege zu dieser Pinguin-Kolonie: Entweder mit der Passagierfähre über den kleinen Ort Porvenir oder rund herum über Antofagosta. Der eine Weg ist kürzer, der andere extrem mühsam. Da lief nicht unbedingt alles für uns, es wurde die lange Route und die Info bekamen wir am 25.12. (hier heiliger Abend) gegen 19:00, wo alle Geschäfte schon geschlossen hatten. Sprich nix mit Jause, aber nicht so schlimm, denn es war bei der Tour ja ein Mittagessen geplant. Theoretisch.

Und die Pinguine waren schon sehr spannend, etwas zu sehen, was man sonst nur aus “Universum” oder von Zoos kennt, das war schon richtig interessant.

Das Mittagessen war sehr theoretisch. Praktisch wurden wir morgens um 05:30 abgeholt und waren um 11:00 für eine Stunde bei den Pinguinen. Der Rückweg hatte es dann aber in sich, denn die benötigte Fähre war völlig überlastet, wodurch unser Mittagessen ausfiel. In Punta Arenas waren wir wieder um 20:30 - ohne Pause, ohne Mittagessen. Doch, da gab es eine Pause, die dreistündige Wartezeit auf die Fähre, wo es einen winzigen Kiosk gab. Der hatte im Angebot: Kekse, Chips und Trockensuppen. Also diese Suppen, die man mit heißem Wasser aufgießt und nach drei Minuten Wartezeit essen kann. Furchtbar. Oder in diesem Moment: Herrlich, einfach göttlich. 15h unterwegs ohne etwas zu essen, ich hätte den Pinguinen am liebsten ihre Fische weggenommen.

Für den nächsten Tag stand um 8:00 schon wieder die knapp 10-stündige Busfahrt nach Ushuaia am Plan. Und auch wenn es natürlich diese endlose Pinguin-Tour war, die alles etwas erschwert hatte - das haben wir einfach schlecht geplant. Ich weiß ja nicht wie viele Weltreisen man in seinem Leben machen kann, aber da haben wir Lehrgeld bezahlt. Ich hab mir ja gedacht, dass die Weihnachten schwierig werden, also emotional, man ist von zu Hause so weit entfernt, man hat die sentimentale Weihnachtsstimmung und hat seine Familie nicht um sich, alles nicht so einfach.

Aber das war es so gar nicht. Wir haben mit den Familien am Nachmittag gesprochen und die Bescherung gefeiert, alles total schön. Im Endeffekt geht es ja nur darum, ob man wirklich physisch vor Ort ist oder nicht. Aber ob man 200km oder 15.000km entfernt ist, das ist dann auch schon wurscht. Das hätte ich mir ganz anders vorgestellt, aber das war viel weniger schlimm als erwartet. Aber dafür habe ich die Logistik unterschätzt: Man ist an einem fremden Ort und alles hat zu. Keine Geschäfte, keine Restaurants, die Straßen leer. Hätte ich mir denken können, ist bei uns ja nicht anders und wenn ich das nochmals planen müsste, dann fix an einem Ort zu den Feiertagen und nicht herum fliegen. Und am besten in einer Stadt, wo man vielleicht doch etwas einkaufen kann oder zumindest vorab einkaufen kann. Dann kocht man sich etwas, hat einen entspannten Netflix-Abend, halleluja. Aber ich Dolm plane da Reisetage, weil man ja sonst nichts machen kann. Das sind diese Momente, wo ich mit dem Kopf auf den Tisch hauen möchte, weil ich so daneben geplant habe. Aber gut, man lernt aus diesen Erfahrungen. Ich weiß nicht, ob ich dieses Wissen noch einmal brauchen kann, aber wenn jemand eine Weltreise plant:

  • An normalen Sonntagen, wo nix los ist: Reisen.

  • An Feiertagsphasen wie Weihnachten: Fix irgendwo sein und nicht herumreisen.

Aber, das kann ich schon vorweg nehmen, wir haben die Feiertage gut überstanden. Unser Host Christian hat uns am Abend des 26.12. auf ein Glas Wein eingeladen, wir haben gut geplaudert und auch die Busfahrt nach Ushuaia war weniger schlimm als erwartet. Auch wenn der Typ vor mir im Bus mein Idol geworden ist, der hat sich hingesetzt und eine Minute später tief geschlafen und lauthals geschnarcht. In Summe hat der wohl 9 von 10 Stunden schnarchend verbracht - so möchte ich auch reisen. Aber die Busfahrt war halt nicht so schlimm, der Grenzübertritt von Chile nach Argentinien ein Kinderspiel und der erste Eindruck von Ushuaia ist mehr als positiv: Die südlichste Stadt der Erde. Schon toll, dass ich das erleben darf.

Previous
Previous
21 December

Radeln in der Wüste & der höchste Berg unseres Lebens - Atacama-Wüste - Teil 2

Next
Next
27 December

Fin del mundo - Eine Schönheit am Ende der Welt