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Das tägliche Leben in Buenos Aires


Wir haben uns ja zum Ziel gesetzt, entspannt die Welt zu sehen. Einfach zu leben und nur einen groben Plan zu haben. Halt zu wissen, dass wir nicht in drei Wochen die siebzehn wichtigsten Sehenswürdigkeiten erledigen müssen.

Unser Alltag sieht momentan so aus: Aufstehen um 8:00, ein schneller Kaffee und mit der U-Bahn in die Sprachschule. 4 Stunden Unterricht pro Tag, dann mit unseren zwei Studenten-Freunden Rick und Alexa zum Mittagessen (das hier mindestens zwei Stunden verbraucht, meistens noch länger), zurück in unser Apartment und die Aufgaben aus dem Unterricht erledigen, Wäsche waschen, einkaufen, Abendessen organisieren, ein wenig Netflix und dann gute Nacht. Und ich gebe zu: Ich liebe es, es ist einfach großartig.

Ihr seht, wir haben einen recht normalen Alltag, da gibt es keine großen Besichtigung oder was auch immer, wir leben hier einfach und versuchen unser Spanisch auf Vordermann zu bringen. Viele Dinge erleben und sehen wir, die wohl nichts Besonderes in einem großen Kontext sind, sondern uns einfach auffallen. Drum wird das Nachfolgende auch kein großer Reisebericht, sondern eine wahllose Aufzählung von Dingen, die uns hier auffallen.

Ich liebe jeden Tag die Fahrt in der Früh in der U-Bahn zur Sprachschule. Die U-Bahn ist recht zuverlässig, aber was hier auffällt: Nahezu jeder Einheimische trägt seinen Rucksack in der U-Bahn nicht am Rücken, sondern vorne. Die Argentinier sehen dies einerseits als Freundlichkeit, damit man niemanden rempelt und natürlich hat es auch mit den Taschendiebstählen zu tun. “When in Rome, do as the Romans do!” und ich empfinde das als wirklich angenehm. Ich hasse in Wien die Rempelei mit den Rücksäcken - das ist hier anders, auch wenn es natürlich auch mit anderen Gründen zu tun hat.

Das führt zum Thema Sicherheit. Generell empfinden wir Buenos Aires nicht als so gefährlich wie wir es erwartet hätten. Auch in der Schule hat man uns gebriefed, wo es gefährlich ist und wo man auch gar nicht hingehen sollte. Es gibt Favelas in Buenos Aires und natürlich sollte man dort nicht hingehen. Körperliche Übergriffe sind in den touristischen Gegenden selten, Taschendiebstähle sind aber alltäglich. Am zweiten Tag haben wir einen Raub miterlebt, wobei das heftiger klingt, als man es erlebt: Plötzlich rast ein Motorrad an dir vorbei und jemand läuft hinterher. Da wurde im Vorbeifahren ein Handy gestohlen. Ein Mitstudent wurde am ersten Tag ausgeraubt, wobei er sich aus Unwissenheit in eine schlechtere Gegend (La Boca) begeben hat und dann bedrängt und ausgeraubt wurde.

Wenn man auf die Gegenden schaut, dann gibt es für Touristen drei relevante Viertel: Palermo, Recoleta und San Telmo. Wir leben in San Telmo, was eher der Altstadt entspricht, während Recoleta und vor allem Palermo sehr moderne Gegenden sind, die nicht viel anders aussehen als bessere Stadtviertel in großen US-Städten. Sprich San Telmo ist etwas uriger, aber gleichzeitig etwas einfacher.

Ein Gässchen in San Telmo

Was ich bisher vorher noch nicht erlebt habe, wir leben in einer Airbnb-Wohnung in einem Hochhaus und haben hohe Zäune um das Haus und eine 24h-Security vor dem Haus - wenn man nicht mit einem offiziellen Dokument registriert ist, kommt man hier nicht herein. Komisch irgendwie und ich bin jeden Tag froh in einem Land zu wohnen, wo das nicht notwendig ist. Auch generell fällt auf, dass (mindestens) bis zum ersten Stock alles vergittert ist. Die kleinen Kioske, die gefühlt immer offen haben (vergleichbar mit den Berliner Spätis), sind am Abend durch Gitter gesichert und man bekommt alles durch kleine Durchreichen.

Gitter vor dem Kiosk

Ein zentrales Element im täglichen Leben in Buenos Aires sind Medialunas (Halbmonde). Croissants, wo jedes original französische Croissant als Fastenspeise durchgehen würde. Diese Dinger sind dermaßen fett und süß - ich befürchte ich bin inzwischen süchtig nach diesen Teilen. Unglaublich.

Auffallend ist, dass Buenos Aires eine Hundestadt ist. Während man ständig Locals mit ihren Hunden auf den Straßen sieht (und das “Nimm ein Sackerl für dein Gackerl” hätte hier noch Potenzial), haben wir bisher genau zweimal Katzen gesehen - hinter Gitter in Wohnungen. Und die Hunde sind fast durchgehend übergewichtig.

Mal ausnahmsweise keine dicken Hunde

Preislich ist Buenos Aires sehr spannend, denn manches ist deutlich billiger als in Österreich, anderes aber auch sehr teuer. Restaurants sind in Summe billiger als in Österreich, Wein ist sehr billig, Bier eigentlich eher teuer, ausgewählte (importierte) Produkte sind unglaublich teuer. Wir waren aufgrund des Sprachkurses und den Empfehlungen der Einheimischen eher in “normalen” Beisln - Mittagsmenüs in der Innenstadt kosten dort so um € 7,-, das Glas Hauswein bekommt man so ab € 2,50, ein Bier im Supermarkt kostet etwa ab € 3,-. Aber eine Zahnpasta kann schon auch mal € 8,- im Supermarkt kosten. Grundnahrungsmittel kosten ähnlich viel wie bei uns. In Summe würde ich BA als etwas billiger als Wien sehen - aber von “Schnäppchen” sind wir weit entfernt.
Zuletzt haben wir aber bei einem Imbiss ums Eck Empanadas und Medialunas geholt, die unglaublich billig sind. Dort kostet eine Empanada ARS 700,- (~€ 0,60) und ein Kipferl 300 ARS (~€ 0,25). Man kann also sehr billig leben, allerdings kostet z.B. Treibstoff auch rund € 1,- pro Liter. Es lässt sich in Österreich sicher leichter leben, wenn man wenig Geld hat.

Unser Mittagstisch - Eintöpfe und Patatas con carne - zumindest letzteres schmeckte um ein Vielfaches besser als es hier aussieht - im Endeffekt sowas wie Püree mit einem Ragout aus einer Casserole

Sprachlich geht es uns beiden ganz gut, Steffi spricht viel besser Spanisch als ich, aber der Sprachkurs hat schon einiges gebracht. Ich denke in Buenos Aires käme man schon auch mit Englisch durch, aber natürlich ist alles einfacher, wenn man Spanisch spricht und wir verwenden Englisch nur in Ausnahmefällen. Zumindest für mich ist das argentinische Spanisch aber schon eine Herausforderung, da das Doppel-l nicht als [j] ausgesprochen wird, sondern als [sch]. Die calle (Gasse) spricht man in Spanien als [caje] aus, hier aber als [casche], auch das [y] wird hier zu einem [sch] - yo (ich) wird von einem gewohnten [jo] zu einem [scho] - das ist irgendwie “Willkommen bei den Schtis” auf Spanisch.

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